Freitag, 9. März 2012

Klopptimismus

Neulich habe ich zum ersten Mal diesen Begriff gehört und musste darüber schmunzeln. Doch je länger ich darüber nachdenke, um so besser gefällt er mir und um so mehr fällt mir dazu ein. 

Klopptimismus, hm....wo fängt man da an? Mit der Vergangenheit, mit der Gegenwart oder den Zukunftsaussichten?

Ich definiere den Begriff für mich mal so: Es ist die absolute Zufriedenheit mit meinem Ballspielverein in jeglicher Hinsicht

Ich kann mich immer nur wiederholen: Ich war noch nie in meinem langen Fandasein so zufrieden mit dem stabilen Zustand unserer Borussia. 

Wir Fans haben -ohne Frage- sehr sehr schwierige Zeiten mit unserem Verein erlebt. Die existenzbedrohende Situation mit dem Tiefpunkt am 14.März 2005 werde ich und viele andere Borussen wahrscheinlich nie vergessen. Am Flughafen in Düsseldorf entschieden die Gläubiger des Stadionfonds MOLSIRIS über das Schicksal von Borussia. Dieser Tag war mit Abstand der schlimmste in meinem Fußballleben. Keine noch so hohe Niederlage, keine Demütigung im Derby, noch sonst ein Pokalaus oder Finalniederlage haben so sehr Schmerzen hinzufügen können, wie dieser Showdown an jenem Tag. 
Dem Tode noch mal von der Schüppe gesprungen, waren die Zukunftsaussichten unseres Vereins nicht gerade rosig, zumal die katastophalen Hinterlassenschaften von Niebaum und Meier keinen Spielraum für höhere Ambitionen zu liessen. Ich war einfach nur dankbar, dass es weiterhin Fußball in Dortmund geben würde, egal in welcher Liga. Der Umschuldungsprozess würde Jahre, sogar Jahrzehnte dauern, was gleichzeitig auch bedeutete, dass es mindestens so lange dauern würde, bis Borussia wieder wettbewerbsfähig würde. Meine persönliche Zeitrechnung hatte eine Spanne bis zu 20 Jahren.


Jetzt schreiben wir das Jahr 2012 und Borussia Dortmund ist amtierender Deutscher Meister, souveräner Tabellenführer, spielte vor kurzem in der Europa und Champions League und erreichte seit langer Zeit mal wieder ein DFB-Pokalhalbfinale und ich bin Klopptimist! Was ist in der kurzen Zeit eigentlich nur passiert? 


Es begann alles in diesem modernen Märchen mit der Verpflichtung eines jungen Trainers, der nach vielen Jahren in Mainz eine neue Herausforderung suchte und der bis auf den Aufstieg mit dem FSV noch nicht viel vorzuweisen hatte. 

Irgendwie hat dieser junge Prinz Kloppo die ohnmächtige Dame Borussia wachgeküsst und zu neuem Leben erweckt. 

Bei der Fanszene gab es ein großes Aufhorchen, als die Kunde ankam, dass der Neue sich bei den Fans vorstellen und über deren Erwartungshaltung sprechen wolle. Und tatsächlich kam es zu einem lockeren Treffen von Fanvertretern und Jürgen Klopp in den Räumen des Westfalenstadions. Bei einem Bierchen oder einer Cola wollte der Trainer etwas von den Wünschen der Fans für die neue Saison erfahren. Unfassbar! Das hat es ja noch nie gegeben. 

Mit seinem Charisma hat Klopp nicht nur die Fans, sondern auch Spieler und die Verantwortlichen in seinen Bann gezogen. Der Jürgen selber hat einen unerschütterlichen Optimismus und was noch viel wichtiger ist, einen Plan. Dieser muss die beiden anderen Protagonisten Aki Watzke und Michael Zorc dermaßen beeindruckt haben, dass sie ihn sofort verpflichteten. An diesen beiden Menschen kann man übrigens den Einfluss von Jürgen Klopp meiner Meinung nach am besten erkennen. Unser Manager Zorc galt eher als verschlossen und verbissen, stand oft in der Kritik mit seiner Einkaufspolitik und ging zum Lachen eher in den Keller. Wenn man das Dortmunder Dreigestirn heute sieht, traut man seinen Augen nicht. So locker und entspannt kannte man Zorc und Watzke bisher gar nicht. Michael Zorc hat mal in einem Interview zugegeben, dass er sich seit der Verpflichtung von Jürgen Klopp ziemlich zum positiven verändert hat. Von aussen hat man den Eindruck, dass sich die Drei blind verstehen und vertrauen. Da scheint eine Männerfreundschaft entstanden zu sein. Nicht anders kann man das öffentliche Versprechen von Geschäftsführer Watzke deuten, dass er niemals Jürgen Klopp entlassen würde. Auch Jürgen Klopp dachte auch schon mal laut darüber nach, dass er am Ende seiner Karriere ein Trainer sein könnte, der nur 2 Vereine trainiert hätte.


Irgendwie, und da sind wir wieder beim Märchen, hat sich alles beim BVB verändert und das Umfeld ist verzaubert. Der Plan, ein Spielsystem mit einer laufstarken Mannschaft zu installieren, ist für mich der Grundstein des Erfolges. Mit geschickten Einkäufen, aber auch schmerzhaften Trennungsprozessen von Leistungsträgern wie Petric, Frei oder Dede, konnte diese Trainerziele umgesetzt werden. Besonders bemerkenswert ist der Lernprozess, der sich im Trainergespann, als auch bei der Mannschaft einstellte. Wurde beispielsweise in der ersten Saison die Teilnahme am europäischen Wettbewerb noch knapp am letzten Spieltag verdaddelt, verkündete Jürgen Klopp nach der kurzen Schockstarre, dass man nun wisse welche Fehler man gemacht hätte und würde diese abstellen. Und sie wurden abgestellt! Bei dem nächsten Rückschlag, dem frühen Ausscheiden in der Qualifikation gegen Udine, gab es das gleiche Szenario. Man sah den Fehler, besprach ihn und stellte ihn ab. Folge: Borussia erreichte im nächsten Jahr die Gruppenphase in der EuroLeague. 
Zum Auftakt in der darauf folgenden Bundesligasaison verlor der BVB sein Heimspiel gegen Leverkusen. Schon in der Halbzeit stand es 0:2 und Jürgen Klopp erkannte seinen Fehler, das erfolgreiche Duo Schmelzer/Großkreutz auseinandergerissen zu haben (beide Gegentore fielen über diese Seite) und stellte Großkreutz wieder auf die linke Seite. Nach dem Spiel wurde analysiert und die Mannschaft verlor kein Heimspiel mehr und wurde Deutscher Meister. Egal was passiert, das Trainergespann macht auf mich niemals einen ratlosen Eindruck, bleibt gelassen und arbeitet konsequent nach Plan. Das Spielsystem der Mannschaft ist so verinnerlicht und stabil, dass selbst vermeintlich schwerwiegende Ausfälle von Leistungsträgern wie Kagawa, Götze, Bender, Kehl oder Barrios scheinbar mühelos weggesteckt und kompensiert werden, während in anderen Vereinen solche Ausfälle in mittleren Katastrophen enden. Beispielsweise Schweinsteigers Verletzung in München, Huntelaars Ausfall in Gelsenkirchen oder Herrmanns Fehlen in Mönchengladbach.
Nebenbei bemerkt, wird ja auch nichts dem Zufall überlassen. Sei es beim Athletikteam um Oliver Bartlett (dessen Arbeit eines der Geheimnisse um die Wunderheilung von Manni Bender oder Shinji Kagawa ist) oder der Rasenpflege mit der künstlichen Beleuchtung des satten Grüns im Stadion oder der Erichtung der neuen Footbonautenhalle auf dem Trainingsgelände. 
Der Footbonaut ist ein Hightechelement, mittels dessen die Schusssicherheit und die Reaktionszeiten der Spieler analysiert und verbessert werden soll. 

Wie gesagt: Jürgen Klopp hat einen Plan. Wir wissen alle nicht wie lange der momentane Höhenflug unserer Borussia anhalten wird, aber unser Trainer wird es schon machen. Dieser unerschütterliche Glaube daran, das ist KLOPPTIMISMUS!
  

Übrigens, dieser Begriff ist nicht neu. Schon zu Mainzer Zeiten gab es den "Klopptimist". Sogar T-Shirts wurden mit diesem Wort bedruckt.

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