Montag, 20. Februar 2012

Berlin, Berlin....


was soll ich dazu noch sagen? Es geht mir einfach zuviel durch den Kopf.

Wir waren endlich wieder da, in der Hauptstadt, die von uns Dortmundern so gemocht wird. Schon im Vorfeld habe ich mir (mal wieder) die Frage gestellt warum das eigentlich so ist. Eine Stadt, die fast 500 km entfernt von der Heimat ist, wird an einem Wochenende von mehr als 20.000 Borussen für ein ganz normales Bundesligaspiel heim- gesucht. Viele Dortmunder nutzen auch die Gelegenheit und übernachten in der Stadt, um auch ein wenig sightseeing zu machen. Natürlich ist Berlin immer eine Reise wert, wie es der Werbeslogan schon immer sagte, aber nicht umsonst ist das Auswärtsspiel bei der alten Tante Hertha eines der beliebtesten Auswärtsspiel, bei denen meistens um die 10.000 Dortmunder ihrem Team den Rücken stärken. Auch bei den viel zu wenigen DFB-Pokalendspielen mit Dortmunder Beteiligung sind deutlich mehr Schwarzgelbe anwesend, als das es das Kartenkontingent für den jeweiligen Finalisten eigentlich hergibt.
Das Olympiastadion hat mit seinen ganz eigenen Look auch einen großen Anteil an der Anziehungskraft Berlins für uns Borussen.


 Sollte der BVB tatsächlich die letzte Hürde in Fürth nehmen, wird wieder eine schwarzgelbe Karavane die A2 entlang ziehen und Berlin bevölkern, davon bin ich überzeugt. 


In vielen Gesprächen mit Dortmundern und Berlinern habe ich mir eine Meinung gebildet, die selbstverständlich als subjektiv zu betrachten ist und eher als Diskussionsgrundlage taugt. 


Ein Erklärungsansatz ist die gemeinsame leidvolle Kriegsgeschichte der beiden Großstädte. Sowohl Dortmund als auch Berlin waren wichtige Angriffsflächen der Allierten Streitkräfte und wurden gegen Kriegsende bis zu 95% zerbombt. Berlin war wegen seiner zentralen Bedeutung als Reichshauptstadt und Dortmund wegen seiner traditionellen Ausrichtung der Montanindustrie, der Kohle und Stahlgewinnung, ein wichtiger Faktor für die deutsche Kriegsführung. Durch die Zerstörung der Infrastruktur waren die Nachschublinien für die Front unterbrochen worden. Vielleicht war der gemeinsame Wiederaufbau auch eine Art Schicksalsgemeinschaft, die Dortmund und Berlin verband. 


Ein anderer wesentlicher Faktor scheint mir aber auch der Menschenschlag in beiden Städten zu sein. Der Berliner an sich ist bekannt für seine sprichwörtliche Berliner Schnauze, die alles auf recht humoristische Art zu kommentieren weiß. Das kommt dem Ruhrpottler und dem Dortmunder im besonderen sehr entgegen, da man im Ruhrgebiet nicht nur ehrliche Arbeit (malochen) ablieferte, sondern ebenso ehrlich seine Meinung zu äußern pflegt. Wir tragen eben auch unser Herz eher auf der Zunge und nicht in der Hosentasche. Und der Berliner Humor scheint uns ebenso zu gefallen. Ich habe mich auf der Stadtrundfahrt köstlich über die volksnahen Bezeichungen für die Sehenswürdigkeiten der  Hauptstadt amüsiert (Goldelse - Viktoria auf der Siegessäule, langer Lulatsch - Funkturm, schwangere Auster -Kongresshalle, Hungerhaken -Denkmal der Luftbrücke, Telespargel -Fernsehturm am Alex, Rosinenbomber - die Luftbrückenflugzeuge und mein Favorit: Die Retourkutsche - die Quadriga auf dem Brandenburger Tor). 
Sicherlich gibt es noch einige mehr, die ich aber hier nicht alle aufzählen kann. Diesen Humor verstehen wir sehr gut.  Wer sich im Slang des Ruhrgebietes auskennt, der kann hier durchaus sprachliche Parallelen erkennen. 


Die Städte scheinen auch eine ähnliche industrielle Vergangenheit hinter sich zu haben, die das jeweilige Stadtbild nachhaltig geprägt haben. Diesmal waren wir in Treptow im "tiefen wilden" Osten Berlins untergebracht und irgendwie fühlte ich mich dort sofort heimisch. Der industrielle Charme der ehemaligen Arbeitsstätten und die städtebauliche Ausrichtung haben mich hier eher an die Heimat erinnert als der westliche Teil der Stadt. Auch in Berlin wurden die Industriebrachen zunächst ordentlich streetart technisch zugebombt und nun suksessiv zu Kultur- und Begegnungsstätten umfunktioniert. Als Beispiel möchte ich hier die Spreehöfe anführen. Hier findet man in uriger Umgebung neben Wohnmöglichkeiten, Freizeit und Gewerbeangebote jeglicher Art. Rein optisch hat mir das schon sehr gut gefallen, allerdings hatte ich leider viel zu wenig Zeit, die Gegend genauer zu erkunden.



Grundsätzlich scheint in beiden Städten der Wandel von einer Industriestadt weg zu einer modernen Dienstleistungsmetropole geglückt zu sein. 


Das moderne Berlin ist widersprüchlich, irritierend, beängstigend groß, aufregend, spannend, dann doch wieder ganz anders, eckig, kantig, mal hochglanzpoliert, dann wieder eher dreckig. Berlin ist als ein Schmelztiegel der Menschen und Kulturen, wo die Welt sich trifft und wo für jeden etwas dabei ist, so anziehend für uns Dortmunder. Ich persönlich mag sowieso eher die urbane, einfache Welt der Normalos als das hochglänzende Leben der Hipsterwannabe's. 
Etwas anderes fällt mir jetzt auch nicht mehr als Erklärung dazu ein. 


Fußballtechnisch habe ich festgestellt, dass in Berlin unsere königsblauen Nachbarn fast genauso verhasst sind wie bei uns. Im Stadion wurde vom Stadionsprecher das böse unaussprechliche Wort nicht genannt, sondern mit "Gelsenkirchen" umschrieben. Auch das gefällt uns!


Ansonsten gibt es zwischen den beiden Vereinen Hertha und Borussia und ihren Fans nicht so viele Gemeinsamkeiten, die mir aufgefallen sind. In Berlin wird man als gegnerischer Fan respektiert und geachtet. Anfeindungen habe ich in keinster Weise erlebt, ganz im Gegenteil. Während unseres Aufenthaltes habe ich so einiges an sportlichen Gedanken mit den Einheimischen austauschen können, sei es mit mir bekannten fachkundigen Berliner Fußballfreunden (Maurice und Marius, fühlt euch gegrüsst!), als auch flüchtigen Zufallsbekanntschaften innerhalb und ausserhalb des Stadions. 


Wie gesagt, der Berliner an sich ist gesprächig und offen und das ist auch gut so!


Ich muss als Aussenstehender auch immer wieder bewundernd anerkennen wie gelassen der Berliner mit den Menschenmassen der Touristen klar kommt und und umgeht. Da scheinen die Einheimischen wirklich global denkend zu sein. 


Ich freue mich jetzt schon auf die nächste Gelegenheit Berlin besuchen und entdecken zu können. Vielleicht klappt es beim nächsten Mal ja auch ohne Fußball ?


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