Dienstag, 6. Dezember 2011

Mene tekel upharsin...

Was mache ich hier eigentlich?

Gerade aus dem Stadion zurück, sitze ich frustriert auf der Couch. Eigentlich hatte ich an das Überwintern im europäischen Geschäft eh nicht geglaubt, da geht mein Verein  in der 32. min mit 2:0 gegen Marseille in Führung und alle Borussen im Stadion glauben plötzlich wieder an das Wunder und drehen kräftig am Geräuschpegel! Aber was kam dann ? So richtig kann ich es noch nicht verstehen. War es die schwere Verletzung des Kapitäns Kehl (erste Nachrichten aus dem Krankenhaus sagen, das es doch kein Jochbeinbruch ist) oder der Anschlusstreffer in der 4. Minute der Nachspielzeit in der ersten Hälfte, die der Mannschaft den Knacks verpasst haben ? Tatsache ist: Nach der Pause war die Elf nicht mehr dieselbe der ersten Halbzeit.

Es ist 0:00... ich gehe erstmal ins Bett, schlafe eine Nacht darüber und schreibe dann weiter. Ansonsten versteige ich mich heute noch in Aussagen zu Arsenal und englischen Schiedsrichtern, für die ich später mal schämen könnte.

Gute Nacht du schöne Fußballwelt!



Am Tag danach.

Halbwegs ausgeschlafen, gearbeitet und mit den Kollegen den Spielverlauf mehrfach durchgesprochen, wage ich nun einen zweiten Versuch, die Geschehnisse in Worte zu fassen. 

Es war das dritte und damit letzte Vorrundenheimspiel in der Königsklasse. Und wieder war die Hütte voll, das Stadion ausverkauft. Olympique Marseille, mit ca. 2.500 Fans im Rücken, gab sich die Ehre im Westfalenstadion. 
Die Ausgangslage an Nikolaus war für Borussia ebenso schwierig wie fast aussichtslos. Nur bei einem Sieg mit mindestens 4 Toren Unterschied und einem gleichzeitigen Sieg von Arsenal bei Piräus würde der Einzug in die nächste Runde gelingen. Viel Hoffnung bestand also nicht. Trotzdem stieg der Mut und die Laune bei den Schwarzgelben Stunde um Stunde. Nobby Dickel hatte wieder einmal alle Register gezogen und verschenkte in der City launig schwarzgelbe Nikolausmützen. Insgesamt sollen es 50.000 Mützen gewesen sein, die in Kneipen, in der Fußgängerzone und im Stadion verteilt wurden.


Letztlich gaben sie und ihre Träger im Stadion ein imposantes Gesamtbild ab.


Leider musste ich wieder von meinem Stammplatz im Block 14 in den eher ungeliebten Ausweichblock 82. Der Grund war wieder die von der UEFA vorgeschriebene Versitzplatzung unserer Stehplatztribüne. Denn "Sitzplätze prügeln und zündeln ja nicht", meinen zumindest die Funktionäre. 
Aber diese Theoretiker wurden wieder einmal eines Besseren belehrt. Diesmal durch die französischen Fans. Die OM Supporter zündelten und böllerten nämlich was das Zeug hält und das während des gesamten Spielverlaufes. 


Zum Spielgeschehen: 

Der Auftakt war doch sehr vielversprechend. Borussia startete gut ins Spiel und kontrollierte das Spiel und den Gegner. In der 23. Minute konnte Kuba aus einem Gewühl im Strafraum heraus das 1:0 erzielen und rannte anschließend überraschenderweise in die Arme von Trainer Klopp. Nun gut, schön das man sich offensichtlich wieder versteht. Knappe 10 Minuten später kam es zu der nächsten gefährlichen (im wahrsten Sinne des Wortes) Strafraumszene. Ein gewisser Herr Mbia setzte zu einer Rettungstat vor Sebastian Kehl mit einem Fallrückzieher an, traf aber nicht den Ball, sondern stattdessen das Gesicht von unserem Kapitän mit voller Wucht! Wenn man sich diese Aktion nochmals auf Fotos oder Videos anschaut, kann man nicht verstehen, warum Howard Webb als Schiedsrichter hier kein Rot, sondern nur Gelb zeigte. Absolut unfassbar.  Aber von diesem Referee ist man ja schon einiges gewohnt. Beispielsweise im WM Finale, als er Nigel de Jong für einen ähnlichen Kung-Fu Tritt keine rote Karte zeigte. Sebastian Kehl wurde jedenfalls mit Verdacht auf Jochbeinbruch (glücklicherweise bestätigte sich diese Befürchtung nicht) vom Feld und ins Krankenhaus transportiert. Da Silva als Mittelfeldspieler Nr. 5 übernahm seine Position. Den fälligen Elfmeter verwandelte Mats Hummels dann souverän zum 2:0. Ab da an glich das Stadion wieder einem Tollhaus. Alle Tribünen einte die Hoffnung, doch noch Augenzeuge eines gelben Wunders zu werden und es wurde die Mannschaft stimmgewaltig nach vorne gepeitscht. Doch bevor Mario Götze das vielleicht vorentscheidene 3:0 ziemlich leichtfertig in aussichtsreicher Position vergab, wurde auf der Anzeigetafel das Zwischenergebnis aus Piräus eingeblendet. Das 2:0 für Olympiakos war ein ziemlicher Stimmungsdämpfer, da vielen in diesem Moment klar war, dass es damit nur noch um das Erreichen der Europa League gehen konnte. Zudem brachte der Ausfall von Kehl und der Einsatz von Toni Da Silva einen Bruch in die bis dahin nahezu perfekte Spielgestaltung des BVB. Als die 5. Minute der Nachspielzeit -Engländer zelebrieren die Extratime immer ausgiebig- anbrach, kam OM zum ersten Mal gefährlich vor das Dortmunder Tor und es klingelte sofort. Der Anschlusstreffer durch Remy bedeutete den völlig unverdienten Halbzeitstand.

Aus der Kabine kam meiner Meinung nach eine andere Borussenelf. Offensichtlich glaubten die Jungs,  geschockt durch die Verletzung ihres Kapitäns und/oder den Anschlusstreffers, nicht mehr an ihre Chance. Der Verlauf ist bekannt und ich verspüre auch an dieser Stelle keine große Lust mehr, näher darauf einzugehen. 

Fazit: 
Die junge Mannschaft wurde erneut gewogen und als zu leicht für das internationale Geschäft befunden. Letztlich habe ich keine wirkliche Erklärung dafür. War es die fehlende Erfahrung, die körperliche Robustheit der Gegner oder der Ausfall diverser wichtiger Spieler ? Mir kamen alle drei Gegner in den entscheidenen Momenten ausgebuffter und abgezockter vor. Teilweise aus dem Nichts fielen die Gegentore. Da Arsenal, Marseille und Piräus ständige Gäste in europäischen Wettbewerben sind, muss man davon ausgehen, dass sie über deutlich mehr Erfahrung als der BVB verfügen. 

Wie dem auch sei, es war trotzdem schön mal wieder Gast in der Königsklasse gewesen zu sein. Tausende Borussen bei den Auswärtsspielen, 3 ausverkaufte Heimspiele und besonders gegen Arsenal eine unvergessliche Choreografie und Stimmung machten den internationalen Ausflug zu einem Erlebnis.

Heut ist nicht das Ende aller Tage, wir kommen wieder - keine Frage!

Statistik:
Borussia Dortmund: Weidenfeller - Piszczek, Felipe Santana, Hummels, Löwe - Gündogan, Kehl (32. da Silva) - Blaszczykowski, Lewandowski, M. Götze (46. Perisic) - Barrios (63. Kagawa)
Olympique Marseille: Mandanda - Azpilicueta, Diawara, Nkoulou, D. Traoré - Mbia (46. Cheyrou), A. Diarra - Amalfitano, Lucho Gonzalez (67. J. Ajew), A. Ayew - Remy (73. Valbuena)
Tore: 1:0 Blaszczykowski 23., 2:0 Hummels 32. (FE), 2:1 Rémy 45+4, 2:2 A. Ayew 85., 2:3 Valbuena 87.
Gelbe Karten: Santana - Mbia, Amalfitano, A. Ayew, A. Diarra, Valbuena


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