Montag, 1. September 2014

Alles Kumpels oder was?

Der selbst ernannte Kumpel- und Malocherclub FC Gelsenkirchen-Schalke 04 hat sich einen neuen Spielertunnel in der Hochglanz Veltins-Arena gegönnt.


Statt des bisherigen blau-weissen Ganges mit den Slogan "Blau und weiß ein Leben lang..." gibt es nun einem Bergwerksstollen nachempfundenen Tunnel, durch den die Heim- und die Gastmannschaft auf den Rasen auflaufen müssen. Am Ende des Ganges prangt ironischerweise das Logo eines russischen Gasexporteurs, der naturgemäß auf dem Energiesektor in Konkurrenz zur einheimischen Steinkohle steht.

Die Idee stammt übrigens von der Hamburger Werbeagentur Jung von Matt, dessen Berater kein Geringer als Christoph Metzelder, dem ehemaligen Bundesligaprofi von Borussia Dortmund und Schalke 04, ist. Die aktuelle Werbekampagne des Vereins steht unter dem Motto "1000 Freunde, unzählige Kumpel!" und ist eine Marketingstrategie von Metzelder selber.


Warum dieses GEtue?

In Gelsenkirchen setzt man viel daran, eine Marke zu kreieren und macht daher offenbar auf historische Folklore. Das Ruhrgebiet gilt bekanntlich als Wiege des deutschen Bergbaus und Motor der deutschen Nachkriegswirtschaft. Allerdings setzte Ende der 50er Jahre das große Zechensterben in der Region ein, sodass heute kaum noch Zechen existieren. Derzeit sind es noch zwei: Zeche Auguste Victoria in Marl und Bergwerk Prosper-Haniel in Bottrop.

Seit vielen Jahren nennen sich die Gelsenkirchener Kicker auch "Die Knappen" in Anlehnung an die frühere Bezeichnung eines ausgelernten Bergmanns und die Verantwortlichen des Clubs lassen die Neuverpflichtungen zur Aufnahme in den Verein erst einmal in die Grube, sprich: in ein Bergwerk einfahren. Danach werden sie mit schwarz geschminktem Gesicht werbewirksam abgelichtet und haben somit ihre Feuertaufe bestanden. Diese Prozedur findet übrigens -in Ermangelung einer eigenen, noch aktiven Zeche- außerhalb Gelsenkirchens statt.

Schaut man allerdings auf die geschichtlichen Fakten entdeckt man schnell, dass der S04 aus einer Stadt stammt, die im Vergleich mit Großstädten im Revier mit ähnlich großer Einwohnerzahl deutlich weniger Zechen im Stadtgebiet hatte. Andere Ruhrgebietsstädte wie das benachbarte Essen oder Bochum und auch Dortmund wiesen deutlich mehr Bergwerke und damit auch mehr dort beschäftigte Kumpel auf, wie die Bergleute sich nannten, als vergleichsweise Gelsenkirchen.

Der älteste urkundlich nachgewiesene Kohleabbau stammt übrigens aus Dortmund aus dem Jahr 1296, in der Nähe von Haus Schüren. Konrad von Schüren war der erste Bergmann des Reviers.

Borussia Dortmund und die ehemaligen Bundesligaclubs VfL Bochum, MSV Duisburg, Rot-Weiss Oberhausen und auch Rot-Weiss Essen hätten somit mindestens genauso viel Berechtigung, das rührige Image des vergangenen Steinkohlebergbaus der Region zu pflegen und auszuschlachten.  

Das wiederum versucht der Fußball Club Gelsenkirchen-Schalke von 1904 e.V. zum eigenen finanziellen Vorteil exklusiv für sich zu beanspruchen. Mit dem ursprünglich aus der Bergarbeitermilieu stammenden Verein "Westfalia Schalke" hat das eigentlich gar nichts mehr zu tun. 

It don't count less it sells. Bob Dylan

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